Die erhoffte Entspannung nach der Wahl am 8. Februar bleibt aus. Die Perspektiven sind, man ist im In-und Ausland daran gewöhnt, bescheiden bis düster. Doch hätte es überhaupt besser kommen können? Mit 240 Millionen Einwohner(inne)n stellt Pakistan die fünftgrößte Bevölkerung der Erde. Keines vergleichbarer Größe, mit der Ausnahme von vielleicht Äthiopien, ist ähnlich instabil. Man kann sich darüber wundern wie energisch die Sharifs der PML (Pakistanische Muslim-Liga) und Bhuttos der PPP (Pakistanische Volkspartei) das Wahlergebnis verteidigen. Natürlich profitieren sie, werden auf nationaler Ebene und in drei von vier Provinzen regieren. Beide Clans haben sich, unbeschadet schlechter Erfahrungen, auf einen neuen Deal mit der Armee eingelassen. Es geht um Macht, um Unsummen Geld auf allen Ebenen und irgendjemand muss ja regieren. Ohne das PDM (Pakistan Democratic Movement), ungeliebt, aber scheinbar alternativlos wie die meisten Großen Koalitionen, wären die nächsten fünf Jahre für eine Regierung schwer zu überstehen. Die PML regiert Punjab, stellt den Parlamentssprecher und Shehbaz Sharif wird Premierminister. Aber die PPP regiert Sindh und Balochistan, stellt den stellvertretenden Parlamentssprecher und der ausgefuchste Asif Ali Zardari wird wieder Präsident Pakistans. Interessanterweise ist die finanzielle Bilanz der vor den Wahlen installierten Caretaker Regierung um einiges besser als vorherigen Regierungen. Das bemerkt auch der IWF.
Was wird aus Imran Khan? Das ist nach diesem Wahlausgang völlig offen. Der Wahlerfolg von Khans unabhängigen Kandidaten hat die Generäle sicherlich auf dem falschen Fuß erwischt und sie werden sich fragen, wie das trotz starker Manipulation geschehen konnte. Noch ist das Prestige der Armee hoch, gilt als das „Einzige, was in Pakistan funktioniert“. Das Wahlverhalten der Bevölkerung macht etwas Hoffnung, wenngleich die Beteiligung zum ersten Mal unter 50 Prozent fiel. Die religiösen Extremisten gingen so gut wie leer aus. Die Menschen sehnen sich nach Wandel und sind vermutlich jetzt soweit, auch einschneidende Veränderungen hinzunehmen, wenn nur endlich Inflation und Wirtschaftskrise von den Schultern genommen werden. Imran Khan ist für mehr als 75 Prozent der Bevölkerung das Idol. Das ist die Tragödie: der vermeintliche Erlöser besitzt außer Charisma und seiner angeblichen Unbestechlichkeit keine Eigenschaften, die wahre Leader auszeichnen. Er will, aber kann nicht, weil er nur oberflächlich versteht, an was Gesellschaft, System und Land kranken. Zusammen mit der alten Elite und der aus dem Ruder gelaufenen Armee bildet er die unheilige Dreieinigkeit. Mehr steht in Pakistan nicht zur Auswahl.
Moritz Steinhilber