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ÜBER DIE GESCHICHTE UNSERES VEREINS

Das Südasienbüro e.V. wurde 1980 gegründet und hat seit 2000 seinen Sitz in Bonn. Wir informieren und liefern Hintergründe zur aktuellen Situation in Südasien – mit den Ländern Indien, Bangladesch, Sri Lanka, Pakistan, Afghanistan, Nepal, Bhutan und Malediven. Dabei stehen politische, soziale, wirtschaftliche, ökologische sowie kulturelle Aspekte im Fokus unserer Arbeit. Das Interesse an Südasien wächst. Wir als Verein wollen eine Lücke in der öffentlichen Wahrnehmung und Berichterstattung schließen, indem wir zum Beispiel zivilgesellschaftliche Ansätze in Südasien vorstellen, langfristige Entwicklungen begleiten und Menschen aus Südasien direkt berichten lassen.

Dabei setzt das Südasienbüro e.V. vor allem auf Bildungs- und Informationsarbeit. Wir organisieren und führen Bildungsveranstaltungen durch – auch mit Gästen aus der Region. Wir beteiligen uns an der Vernetzungs- und Menschenrechtsarbeit bezüglich Südasien, auch mit regionalen Partnern. Außerdem verstehen wir uns als Informations-, Presse- und Kontaktbüro. Und wir geben regelmäßig die Zeitschrift SÜDASIEN heraus, die einzige deutschsprachige Fachzeitschrift zu Südasien.

 

„Südasien“ gestern und heute: Interview mit Walter Keller

 

Bernd Basting und Heinz Werner Wessler

 

Das folgende Interview mit Walter Keller ist sozusagen „in eigener Sache“. 2010 erscheint der dreissigste Jahrgang der Zeitschrift „Südasien“. In diesem Zusammenhang war im Vorfeld der Mitgliederversammlung 2010 am 27. April Gelegenheit zu einem Gespräch mit Walter Keller, der von Anfang an bei „Südasien“ dabei war. 

 Wie ging es mit dem Südasienbüro los?

 WK: Es gibt zunächst eine lange Vorgeschichte, Südasien ist als Zeitschrift erst später gekommen. Vorläufer war eine kleine Solidaritätsgruppe, die sich ausschließlich um Sri Lanka drehte. Genauer gesagt, es drehte sich um die Indien-Tamilen im Hochland. Da gab es in den 1970er Jahren sogenannte Repatriierungsanstrengungen der srilankanischen Regierung für die Leute, die man als Inder ansah und nie richtig in Sri Lanka akzeptierte. Die indische Regierung hat mit der srilankanischen bzw. damals hieß es zuerst noch ceylonesischen Regierung Verträge geschlossen, denen gemäß nach einem Schlüssel von sieben zu vier diese Leute nach Indien zurückgeführt werden sollten, sieben nach Indien, vier konnten in Sri Lanka bleiben. Diese sollten dann auch die Staatsbürgerschaft bekommen und haben sie weitgehend auch erhalten. Das war so dramatisch, auch weil es international kaum bekannt war, was da für menschliche Schicksale dranhingen, dass wir uns damals um diese Frage gekümmert haben. Vorangangen war, dass Frank Heidemann und ich damals schon viel auf Reisen waren, hatten unsere ersten VW-Bustouren nach Indien gemacht, auch anderswohin, zum Beispiel 1977 nach Sri Lanka mit dem Auto. Da haben wir diese Situation kennengelernt und hereingetragen. Die evangelische Studentengemeinde Kassel hat sich dem angenommen. Dann gab es einen kleinen Kreis in Kassel, der von etwa zehn Leuten erweitert wurde, die aus der Studentenschaft kamen, aber über die Bundesrepublik verstreut lebten. Da waren zum Beispiel Leute wie Ingrid Ostermann dabei, die heute noch für Brot für die Welt arbeitet, Heinz R. Othmerding, meine spätere Frau Helga und Frank Heidemann, heute Professor für Ethnologie in München.

 Das war also die Soli-Gruppe, aber es gab auch schon eine Vorform der Zeitschrift.

 Es gab ein Sri-Lanka-Info, wie das damals hieß. Da haben wir versucht, mit Schreibmaschine regelmäßig ein kleines Heftchen herauszubringen, das sich anfangs ausschließlich mit der Frage der Repatriierung beschäftigte. Wir haben auch kleinere Dokumentationen dazu herausgegeben. Dann haben wir Ende der 1970er Jahre dieses Sri-Lanka-Info auf etwas breitere Füße gestellt, haben dann versucht, über Sri Lanka allgemein zu informieren. Internet und die sonstigen Informationskanäle gab es ja nicht, insofern war das eine gute Sache damals.

 Dann kam das Südasienbüro?

 Ja, das ging dann in das Südasienbüro über, das Ende 1979 oder Anfang 1980 gegründet wurde. Es wurde als Verein dann in Wuppertal gegründet. Wuppertal-Barmen war dann der Sitz des Südasienbüros. Die erste Person, die dort gearbeitet hat, war meine zukünftige Frau Helga. Wir haben dann auch erstmalig eine breite Unterstützung erhalten, damals durch den ABP, den Ausschuss für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik der evangelischen Kirche. Damit haben wir ein Büro finanzieren können und haben dann begonnen, eine Zeitschrift herauszugeben, sehr rudimentär natürlich, in den Anfangszeiten, die sich dann mit Südasien allgemein beschäftigte. Wir haben schon gedacht, dass wir Unterstützung brauchen, wenn auch Nachfrage nach der Zeitschrift da war. So ist dann „Südasien“ entstanden.

 Wieso der Weg von Kassel nach Wuppertal?

 In Kassel hatten wir keine Struktur. Drei- bis viermal im Jahr hat man sich getroffen, und in dieser Zeit wurde dann auch ein Heftchen herausgegeben. Es gab dann eine Diskussion darum, das ganze auf eine breitere Basis zu stellen. Die Frage war dann, wer macht das? Das waren dann Leute aus dem Ruhrgebiet, darunter meine Frau, die in Dortmund war. Dann bekamen wir Büroräume angeboten. Das war in einem Haus, in dem damals der christliche Jugendaustausch saß.  Die hatten auf der einen Seite ihre Büroräume, wir haben auf der anderen Seite relativ preiswert Büroräume anmieten können. Ab Anfang 1980 ist das dann sukzessive professionalisiert worden. Sowohl, was den Verein angeht – mit Mitgliedern und auch was die Herausgabe der Zeitschrift angeht, was Veranstaltungen angeht usw.

 Wo kamen denn die Mitglieder und Abonennte her damals?

 Wir haben dann mitunter bis zu 1000 Abonnenten gehabt. Die kamen durch Werbung, durch Veranstaltungen, durch Mund-zu-Mund-Propaganda zustande. Wir waren etwa 20 Leute, die das Ganze trugen, auch vorstandsmäßig. Die hatten alle wieder andere, die sich für die Region interessierten. So hat sich das rumgesprochen. Das war keine Sache, die von heute auf morgen ging.  Die Professionalisierung hing auch mit den bezahlten Posten zusammen, wir hatten mehrmals Leute aus Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den 1980ern Anfang 1990er beschäftigt. Das wurde dann ein richtig properes Büro, was dann allerdings später von Wuppertal nach Dortmund ging, wo ich selbst sehr stark eingestiegen bin. Ich war von 1980 bis etwa 1984 im Ausland. Als ich zurück war, habe ich mich selbst stark um das Südaisenbüro gekümmert und habe dann auch die Geschäftsführung übernommen, die ich dann zwanzig Jahre innehatte.

 Wie war das finanziert?

 Bezahlt war es im Prinzip nicht, es war eine Aufwandsentschädigung, bei der es sich zunächst um 200-300 DM handelte. Ich habe da sicherlich einen fast vollen Job gemacht, doch mein Geld habe ich woanders verdient. Ich war Freiberufler und habe dann anderweitig gearbeitet. So konnte ich das relativ lange machen. Es war natürlich eine gewisse Selbstausbeutung dabei, aber die betraf auch Andere. Bernd Basting, Jorge Scholz und andere kamen dann später hinzu, als Autoren, dann auch als Vorstandsmitglieder. So haben wir uns im Laufe der Zeit etabliert.

 Zuschüsse waren damals leichter zu bekommen…

 Es war auch damals nicht einfach, einen Zuschuss zu bekommen. Wie gesagt, der größte Zuschuss kam vom ABP. Wir hatten einen guten Stand, sage ich mal, aber das Antragsverfahren musste durchlaufen werden. Dann gab es mal hier was, mal da was, außerdem private Spenden… Na ja, wir haben als Verein in den TOP-Zeiten einen ansehlichen Etat gehabt.

 Hat es auch gelegentlich interne politische Auseinandersetzungen gegeben?

 Natürlich. Wir hatten ja verschiedene Stränge, da war zum einen der Strang der Geschäftsführung, die dafür verantwortlich war, Südasien zu etablieren und das, was wir wollten, zu betreiben, also die Informationsverbreitung. Dann hatten wir Leute, die die Zeitschrift machten. Da ist mit der Zeit immer mehr Arbeit hineingegangen. Wir hatten dann später ein richtiges Korrespondentennetz aufgebaut. Wir hatten viele, die im Land selbst saßen und regelmäßig berichteten. Auseinandersetzungen gab es, so über die Frage, was geht jetzt in so einem Land ab? Auseinandersetzungen gingen damit oft einher, sie sind zum Beispiel auf den Mitgliederversammlungen ausgetragen worden. Wir hatten eine Redaktionsgruppe, die sich durchaus auch mit den Inhalten der Artikel beschäftigt hat. Wir haben keine Themenhefte gemacht, doch wir hatten parallel zur Zeitschrift zwei oder mehr Dokumentationen pro Jahr, die sich mit kontroversen Themen beschäftigt habenn.  Südasien sollte immer eine aktuelle Ausrichtung haben, außerdem eine Ausrichtung im Hinblick auf politische Entwicklungen dieser Länder, über die wir berichteten. Auseinandersetzungen sind natürlich gelaufen, doch andererseits fällt mir immer wieder ein, was wir in den alten Heften immer schon geschrieben haben, zum Beispiel zu Afghanistan, als Thomas Ruttig dazukam. Da haben wir über Osama Bin Laden und über Taliban schon berichtet, als diese Namen in der deutschen Öffentlichkeit noch gar nicht da waren. Also, wir haben Auseinandersetzungen gehabt, aber es sind niemals absolut konträre Meinungen aufeinandermit  geprallt, zumindest kann ich mich daran nicht erinnern.

 Thomas Ruttig ist ja auch heute noch Autor.

 Ja, er ist immer noch dabei. Wir haben damals mit seiner alten Gruppe in Ost-Berlin über alle möglichen Kanäle Kontakt aufgenommen. Das war vor der Wiedervereinigung. Thomas Ruttig hatte mit einigen Leuten etwas wie wir aufgebaut, ihr Thema war Afghanistan, Pakistan spielte auch ein bisschen hinein. Es waren Leute aus dem akademischen Bereich, die auch oft Regionalsprachen beherrschten. Ich weiß noch, wir sind damals nach Dresden gefahren und hatten ein erstes Treffen  mit ihm und den anderen Leuten. Da hatten wir ein ganzes Wochenende, um uns auszutauschen.  Das war der Beginn einer intensiven Zusammenarbeit, wo die über Ost-Berlin für das Südasienbüro gemacht haben. Nach der Wiedervereinigung wurde das dann ein bisschen einfacher, da haben wir uns dann häufiger gesehen, einige Leute von denen kamen dann auch auf Mitgliederversammlungen. Das wurde dann zum festen Bestandteil unserer Arbeit.

 Heute ist es schwieriger, Leute für eine kontinuierliche Mitarbeit zu gewinnen…

 Der ganze Markt hat sich sehr verändert. Heute sitzen die Leute vor dem PC und schauen sich die Sachen im Internet an…

 Wir haben ja eher Hintergrund- und Meinungsartikel, und auch die Meldungen versuchen Informationen zu filtern…

 Naja, ich denke trotzdem, dass die Konkurrenz aus dem Internet immer da ist, insofern ist es erstaunlich, dass es die Zeitschrift überhaupt so noch gibt, dass genügend Leute noch ein Printerzeugnis in der Hand haben wollen, das sich mit der Region beschäftigt. Südasien ist heute eine der ältesten Dritte-Welt-Zeitschriften in Deutschland, so weit ich weiß ist nur „Pogrom“ älter, also die Zeitschrift der Gesellschaft für bedrohte Völker. Da kann man stolz drauf sein, dass sich die Zeitschrift gehalten hat, auch in der Qualität. Dass es schwer ist, den Nachwuchs zu aktivieren, merkt man auch in anderen Bereichen. Da haben sich einfach die Prioritäten verschoben. Wir haben das aus einer studentischen Situation heraus betrieben, dann sich die Leute in die Jobs gegangen, aber Südasien und dem Südasienbüro treu geblieben. Sie hatten ihre Wurzeln in diesem Bereich. Heute kann man diese Wurzeln nur noch ganz schwer anlegen.

 Passt die Zeitschrift nicht mehr in unsere Zeit?

 Hm, die Informationsfülle ist woanders. Nur die Aufbereitung der Dinge ist sicherlich die Stärke oder sollte sie sein. Die Sprache ist auch ein Vorteil, weil die Zeitschrift die Sachen deutsch aufbereitet. Das macht nach wie vor Sinn, man kann aus der Berichtssprache Vorteile schöpfen. Insgesamt ist es aber sicher schwierig.

 Der Auflage nach zu urteilen, scheint es der Zeitschrift „Südostasien“ besser zu gehen als Südasien.

 Das war traditionell nicht so, wir lagen im allgemeinen etwa gleichauf. Mag sein, dass das an der besseren Struktur liegt, dass über das Asienhaus hier ein besseres backup da ist, das da die Werbung einfacher ist. Übrigens, wir waren ja Mitbegründer des Asienhauses in Essen, sind dann auch den verschiedensten Gründen ausgestiegen, nachdem wir ein paar Jahre dabei gewesen waren.

 Irgendwie stellt sich die Frage, ob man ein e-Magazine oder einen email-Rundbrief statt einer gedruckten Ausgabe macht.

 Ja, das kann ich gut verstehen. Nun, solange die Selbstausbeutung der Redaktion funktioniert und die Abonnenten da sind… wenn man einen elektronischen Rundbrief macht und mit links arbeitet usw., dann ändert sich aber nicht nur das Format. Ich bin eigentlich sehr froh, dass es die Zeitschrift noch gibt – wundere mich allerdings auch, dass es sie noch gibt, weil ich selbst in einer Zeit gearbeitet habe, in der es einfacher war, die Leute bei der Stange zu halten.

 Wir wundern uns auch!

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