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Mega-Finanzskandal um den Flughafen Pokhara

Der neue Pokhara International Airport (PIA) kommt nicht aus den Schlagzeilen. Eingeweiht nach jahrzehntelangem Verzug am 1. Januar 2023, kam es ganze zwei Wochen später durch einen Fehler der Pilotin zum Absturz von Flug Yeti Airlines 691. 72 Menschen starben im bisher schlimmsten Unglück im Binnenflugverkehr. Gebaut und gefeiert als dritter internationaler Flughafen Nepals, heben auch knapp drei Jahre nach der Eröffnung keine internationalen Flüge vom PIA ab (übrigens auch nicht vom zweiten internationalen Flughafen in der Nähe von Lumbini). PIA produziert deshalb jährlich ein beträchtliches Defizit.

Und nun das: Aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Kostenermittlung und Vergabe von Bauaufträgen bei der Erstellung des PIA soll dem Staat ein Schaden von über 74 Millionen US-Dollar entstanden sein. Es wurden keine Leistungen erbracht, das Geld landete direkt in den Taschen von mutmaßlich betrügerischen Politiker(inne)n, Baufirmen und Beamten. So sieht es die CIAA, die staatliche Anti-Korruptionsbehörde (Commission for the Investigation of Abuse of Authority). Die CIAA legte entsprechende Dokumente dem zuständigen Special Court vor. Sollten diese Vorwürfe zutreffen, wäre es der größte Korruptionsskandal in der Geschichte Nepals. Es werden 55 Personen verdächtigt, betrügerisch gehandelt zu haben, darunter fünf frühere Bundesminister und zehn ehemalige Staatssekretäre. Noch ist unklar, welches Echo der Skandal in China haben wird. Denn Firmen aus dem Reich der Mitte führten praktisch alle Bauarbeiten aus, finanziert wurde das Projekt zum Großteil mit chinesischen Krediten. Laut der CIAA haben sich auch chinesische Beteiligte am Betrug bereichert.

Wie unter einem Brennglas zeigt die Chronologie der Skandale um den neuen Flughafen Pokhara, was bei multinationalen Großprojekten im Argen liegt und schieflaufen kann. Die ersten Pläne entstanden Anfang der 1970er Jahre, die Fertigstellung gelang erst ein halbes Jahrhundert später. Es gab immer wieder warnende Stimmen, die den Sinn des Projekts in Frage stellten, weil keine konkreten Aussichten auf einen internationalen Betrieb bestanden. Und genau so ist es heute: kein Flug aus Delhi oder Dubai, Chengdu oder Dhaka, ganz zu schweigen von Europa oder den USA. Die Befürworter träumten immer davon, massenhaft Wanderer und Wanderinnen ins Annapurna-Gebiet zu befördern. Nur gibt es von ihnen viel zu wenig, was sich auch in Zukunft kaum ändern wird. Für den Weiterbetrieb der üblichen Inlandsflüge hätte eine Renovierung des angegrauten alten Flughafens von 1958 völlig ausgereicht, zu vergleichsweise geringen Kosten. Hauptsächlich Unternehmer aus dem Tourismussektor drängten immer wieder auf den Bau des neuen Flughafens. Auch Prestige sollte das Projekt verbreiten. Dass die Zentralregierung auf einem Berg Schulden sitzt, war irrelevant.

Ein ordentliches Vergabeverfahren gab es nicht. China trat als Finanzier auf und schloss praktisch alle nicht-chinesischen Bieter aus. Die chinesischen Projektpartner müssen sich nun fragen lassen, ob es Sinn ihrer Politik sein kann, Empfängern ihrer Finanzhilfe quasi Mühlsteine um den Hals zu hängen. Nichts anderes sind die Kredite, die Nepals Regierung von chinesischen Banken aufnehmen musste. PIA wird auf Jahrzehnte keine Rendite abwerfen. Die Kredite müssen aber bedient und die laufenden Kosten gedeckt werden. Der PIA bleibt ein reiner Zuschussbetrieb, ohne nützliche Seiteneffekte für die Tourismusindustrie. Die Details belegen erneut, wie schwer es für Firmen aus dem Westen ist, bei solchen Vorhaben in Südasien westliche Rechtsstandards einzuhalten. So kann nicht pauschal illegale Absicht unterstellt werden, wenn westliche Konzerne „lokale Praktiken“ anwenden. Ähnliches gilt für das Lieferkettengesetz: Theoretisch eine hehre Absicht, auf die Einhaltung (menschen-) rechtlicher Regularien und Standards zu drängen. Wie aber umsetzen?

Wie bei anderen Korruptionsskandalen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Verantwortung just vor dem politischen Spitzenpersonal, den Bundesministern enden. Es ist kaum vorstellbar, dass die politischen Spitzen von Parteien und Staat nicht eingeweiht und beteiligt waren und nicht von den Unterschlagungen profitierten.

M.S.

Kathmandu Post, 07.12.2025

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