Ein Nachruf
Am frühen Morgen des 21.5.2024 verstarb der Hörfunkjournalist und unabhängige Indienkorrespondent Rainer Hörig in seinem Haus in Bonn. Rainer Hörig war schwer krank. Dennoch kam sein Tod plötzlich und unerwartet. Er hinterlässt seine Frau Rajashree Tirumalai-Hörig und Tochter Vanessa.
Rainer Hörig studierte in Berlin Publizistik, Ethnologie und Theaterwissenschaften. Seine Faszination für Indien und Südasien begann mit ausgedehnten Reisen und 1984 mit einem dreimonatigen inwent-Stipendium zum Studium der Lebensumstände tamilischer Flüchtlinge aus Sri Lanka.
1989 heiratete er die Deutschlehrerin Rajashree Tirumalai in Puna, wo beide -später auch mit Tochter Vanessa- fortan lebten. 2018 zog er aus gesundheitlichen Gründen zurück nach Bonn.
Rainer Hörig wandte sich an eine kritische deutsche Öffentlichkeit, deren Vorstellungen von Indien er mit seinen Texten, Radioreportagen und Photographien mittels seiner über 35jährigen Berichterstattung aktiv mitgestaltete. Als Autor engagierte er sich für die Armen und Unterdrückten auf dem Indischen Subkontinent. Dieses Engagement zieht sich durch sein gesamtes Schaffen. Die bedrohte und diskriminierende Situation der Ureinwohner Indiens, der Adivasi und der Unberührbaren, der Dalits, betrachtete und vermittelte er immer wieder und aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dazu begleitete er z. B. die Proteste der Ureinwohner im Zusammenhang mit der Umsiedlung und Vertreibung beim Bau der Staudämme entlang des Narmada- Flusses im Bundesstaat Maharashtra Anfangs der 90er Jahre. Oder er beschrieb den Kampf um Würde von bitter armen Dalit-Frauen durch eine Recycling- Kooperative in Puna, ihr Ansehen in der Gesellschaft und ihr Einkommen zu verbessern. Im Laufe der 30 Jahre, die er in Puna, Maharashtra mit seiner Familie lebte, wurde er ein exzellenter Indien- Erklärer. Seine Bücher tragen Titel wie „Indien ist anders“ oder „Auf Gandhis Spuren“ oder „Indien verstehen“, „Buddhismus verstehen“, „Hinduismus verstehen“, oder auch „Das Naturverständnis des Hinduismus“, etc. Für die Sympathie-Magazine des „Studienkreis für Tourismus und Entwicklung“ in Herrsching war Rainer Hörig viele Jahre Redakteur und Mitautor.
Seine Radiobeiträge für den Deutschlandfunk, die Deutsche Welle, den WDR und andere beeindruckten durch lebendige Originalaufnahmen, in die Tiefe gehende Interviews und authentische Schauplätze. Er interviewte Sikhs, Parsis, Brahmanen und Sadhus und immer wieder Frauen, Dalits und Adivasi. Er berichtete von Wallfahrten, Ressourcenkonflikten, Radiostationen im Himalaya, Kamelnomaden, Menschen und Elefanten, natürlich auch von Wahlen u.v.m. und ließ die Betroffen selbst zu Wort kommen. Er schrieb für „Le Monde“, die „TAZ“, die „FR“, er schrieb für die „Heinrich Böll Stiftung“, „Welthungerhilfe“ genauso wie für „Das Parlament“ und die „Financial Times“ oder die „Bundeszentrale für Politische Bildung“. Inhaltlich „zuhause“ war er in den 90er Jahren besonders bei der Zeitschrift „pogrom“ (heute „Für Vielfalt“), später dann bei „Welt-Sichten“ und „Südasien“ sowie bei “Eine Welt“, die er dann 2018 als verantwortlicher Redakteur selber übernehmen sollte.
Rainer Hörig kannte und interviewte viele bekannte Persönlichkeiten in Indien, unter ihnen den Dalai Lama, Arundhati Roy, Baba Amte, Medha Patkar, Vandana Shiva, u.v.a.m. und erhielt Medienpreise in Deutschland und Indien. 1992 verlieh ihm Bundespräsident Richard von Weizsäcker den Journalistenpreis des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. 2024 erhielt er den „Gisela Bonn- Preis“ für „einen bedeutenden Beitrag zur Vertiefung der deutsch-indischen Beziehungen“ vom Indian Council for Cultural Relations und der Deutsch -Indischen Gesellschaft. Auf die gegenwärtigen politischen Entwicklungen in Indien blickte Rainer Hörig mit großer Sorge.
Links zu seinem Werk:
https://www.rainerhoerig.com/rainer-hoerig.php
https://www.rainerhoerig.com/
https://www.indienbilder.com/
https://www.amazon.de/B%C3%BCcher-Rainer-H%C3%B6rig/s?rh=n%3A186606%2Cp_27%3ARainer+H%C3%B6rig
Peter Lanzet, 27.5.2024