Am 8. Oktober entschied der High Court (Oberlandesgericht) im Bundesstaat Chhattisgarh, die Klage gegen die Aufhebung der Waldnutzungsrechte der Adivasi-Gemeinde Ghatbarra im Hasdeo Arand-Wald abzuweisen. Gewonnen hat das Verfahren das Bergbauunternehmen Rajasthan Rajya Vidyut Utpadan Nigam Ltd. (RRVUNL). Das Unternehmen aus der Familie der Adani Enterprises betreibt dort Kohlebergbau. Die Entscheidung bestätigt somit die Bergbaugenehmigungen für die Kohleblöcke Parsa East und Kete Basen (PEKB).
Das Ministry of Environment, Forests and Climate Change (MoEF&CC) hatte 2022 die Fortführung des Kohlebergbaus in Phase II genehmigt (clearance), wogegen sich die Klage richtete. Kläger waren zunächst das Forest Rights Committee der Gemeinde Ghatbarra und später die NGO Hasdeo Arand Bachao Sangharsh Samiti.
Dem Gerichtsverfahren lag ein grundsätzlicher Rechtsstreit zugrunde, ob Waldrechte, die gemäß dem Waldrechtsgesetz (Forest Rights Act, FRA) von 2006 gewährt wurden, widerrufen oder aufgehoben werden können. Das FRA sieht eine solche Maßnahme nicht ausdrücklich vor.
Das Gericht entschied, dass die Waldrechte im vorliegenden Fall nie rechtsgültig geltend gemacht worden seien und insofern die insbesondere kommunalen Schutzgarantien aus dem Waldrechtsgesetz nicht greifen, auch gar nicht erst als entzogen angesehen werden können. Die Genehmigungen für den Kohlebergbau in Phase I seien nicht angefochten worden. High Court Richter Rakesh Mohan Pandey führt aus, dass laut Protokoll der Dorfversammlung (Gram Sabha) vom 19. September 2011 kein rechtlich gültiger Antrag formuliert und gestellt worden war, die Waldrechte der Gemeinde durch den Status eines gemeinschaftlichen Rechtsanspruchs (Community Forest Rights, CFR) zu schützen.
Der im Jahr 2013 gleichwohl zugewiesene CFR-Status sei rechtsfehlerhaft erteilt worden. Bereits im März 2012 hätten Unions- und Landesregierung den Flächennutzungsplan für die dortigen Waldgebiete verändert und die Areale in für den Bergbau nutzbare Flächen umgewandelt. Hinzu komme, dass nach dem 2015 reformierten Coal Mines (Special Provisions) Act, Abschnitt 29, Kohleblockzuteilungen und Bergbaugenehmigungen Vorrang haben und durch vorhergehende Waldrechtsverordnungen nicht außer Kraft gesetzt werden können.
Die Rücknahme der CFR-Fehlentscheidung im Jahr 2016 durch die Distriktbehörde sei daher nicht zu beanstanden. Es handele sich um eine Berichtigung eines Verfahrensfehlers, es liege keine Verletzung bestehender Rechte vor. Die Kläger könnten insofern bestenfalls eine finanzielle Entschädigung verlangen, aber keine Wiederherstellung der Schutzgarantien aus dem FRA.
Zum zweiten konnte die Klageführerin, die NGO Hasdeo Arand Bachao Sangharsh Samiti, keine Klagebefugnis (locus standi) nachweisen. Die für solche Klagen autorisierte, im FRA ausgewiesene Dorfbehörde (Forest Rights Committee) habe 2024 ihren Antrag bei Gericht zurückgezogen. Eine Klagegenehmigung für die NGO durch die Gram Sabha der Gemeinde Ghatbarra sei nicht zweifelsfrei erfolgt. Die NGO hatte zwar angeführt, dass das Forest Rights Committee seinerseits seine Entscheidung, die Klage zurück zu nehmen, ohne weitere Anhörung durch die Gram Sabha getroffen hatte, also ebenfalls nicht zweifelsfrei handelte. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht.
Ein umstrittener Präzedenzfall
Das Urteil des High Court von Chhattisgarh könnte einen Präzedenzfall schaffen, dass Schutzgarantien aus dem Waldgesetz (FRA) rückwirkend ausgehebelt werden – wobei im vorliegenden Fall einige juristische Fallstricke zu Lasten der Gemeinde angewendet worden sind. Dass die lokale Bevölkerung dort seit Jahrhunderten lebt, den Wald schützt und nutzt – sie sammeln Tendu-Blätter, pflücken Mahua-Blüten und betreiben Wanderfeldbau – kann ja nicht bestritten werden. Und genau für diese Bevölkerung sind die Rechtsgarantien aus dem FRA geschaffen worden. In einen juristischen und faktischen Konflikt geraten diese Rechte mit dem reformierten Bergbaugesetz von 2015, dass den Bergbauinteressen erneut eine Vorrangstellung einräumt.
Der Hasdeo Arand ist nicht irgendein Wald, sondern eines der letzten, von Sal-Bäumen dominierten Ökosysteme Indiens, ein Biodiversitäts-Hotspot mit Leoparden, Elefanten, Nashornvögeln und über 200 Heilpflanzenarten. Der Wald erstreckt sich über 1700 Quadratkilometer (größer als Berlin und Hamburg zusammen) in Chhattisgarh und Madhya Pradesh, bindet Kohlenstoff, reguliert den Monsun und filtert Wasser für Millionen Menschen flussabwärts. Seit über einem Jahrzehnt hat der Kohlebergbau dort Teile der grünen Lunge zerstört.
Laut der Internetplattform The Wire sind einige Dörfer im Hasdeo-Wald inzwischen verschwunden. Der Wald ist gerodet worden, um Platz für den Kohlebergbau zu schaffen. Die Bewohner:innen sind vertrieben oder abgewandert, das Dorf Kete vor rund einem Jahrzehnt komplett vertrieben worden. Die Bewohner:innen leben verstreut, viele von ihnen sind nach Basan umgesiedelt worden, einem von der Regierung ausgewiesenen Rehabilitationsort.
Nicht nur in Hasdeo, sondern im ganzen Land hat der FRA Schwierigkeiten, seine Versprechen einzuhalten – seit dem Amtsantritt der Modi-Regierung im Jahr 2014 allemal. Der Autor Chitta Ranjan Pani versteht in seinem Beitrag für das Magazin Down to Earth das Urteil als Weckruf. Juristisch möglich ist außerdem eine Berufung vor einer Kammer des High Court, das heißt mit mehreren Richter:innen besetzt, und vor dem Supreme Court, um die ursprüngliche Schutzfunktion des FRA für die lokale Bevölkerung verfassungsrechtlich geltend zu machen.
Theodor Rathgeber
Quellen
Down to Earth, 17. Oktober
The Times of India, 18. Oktober
The Wire, 17. Oktober





