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Hoffnungslos, hoffnungsloser

Auf dem Weg in den „gescheiterten Staat“?

Feisal Khan

In Pakistan hat sich ein Teufelsgebräu aus Wirtschaftskrise, politischem Chaos und Naturkatastrophen vermischt. Inwieweit dies Pakistan zu einem gescheiterten Staat werden lässt, erläutert der Autor.

Niemand will darüber sprechen: Bangladesch, das vormalige Ostpakistan, hat Pakistan wirtschaftlich und in Bezug auf die Lebensqualität überholt und hat den Status eines Landes mit mittlerem Einkommen erreicht. Das ist eine ziemliche Umkehrung des Schicksals. Pakistanische Wirtschaftswissenschaftler/-innen beklagen, dass Pakistans Einnahmen aus den Heimatüberweisungen größer sind als die stagnierenden Exporteinnahmen. Beides reicht jedoch nicht aus, um die Importe zu bezahlen. Einige fordern, dass Pakistan die Zahlungen für seine ständig steigenden Auslandsschulden aussetzen soll, von denen China mit 30 Prozent den größten Anteil hält.

Fiskalische Fallstricke

Die Steuereinnahmen sollen steigen. Es bleibt aber abzuwarten, ob Pakistan seine Steuerquote verbessern kann. Sie gehört mit 9,5 Prozent zu den niedrigsten der Welt. Das pakistanische Haushaltsdefizit beträgt 7,9 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) und ist gefährlich hoch. Mehrere pakistanische Finanzminister haben versprochen, die Steuerquote zu erhöhen oder sogar zu verdoppeln. Sie sind am entschiedenen Widerstand derjenigen gescheitert, die kaum bis gar nicht besteuert werden: Landwirtschaft, Einzelhandel und Immobilienentwicklung. Die OECD-Länder erheben etwa zwei Prozent des BIP an Vermögenssteuern. In Schwellenländern sind es 0,6 Prozent, in Pakistan 0,1 Prozent. Welche Einnahmen hier zu erwarten wären: Schätzungen zufolge sind 50 Prozent der Arbeitskräfte Pakistans in der nicht besteuerten Wirtschaft tätig und erwirtschaften etwa 35 Prozent des BIP.

Immerhin: Ein Großteil des riesigen Geschäftsimperiums des pakistanischen Militärs ist nicht mehr steuerbefreit. Gleichwohl leitet das Militär weiterhin einige der größten Unternehmen des Landes, steuerbegünstigt: so das größte öffentliche Bauunternehmen (Frontier Works Organization), der Hersteller von chemischen Düngemitteln (Fauji Fertilizer), städtische Immobilienentwickler (Defense Housing Authorities) und Transportunternehmen (National Logistics Cell). Solange die wirtschaftliche unheilige Dreifaltigkeit von Immobilienentwicklung, Einzelhandel und Zuckerrohrbaronen außerhalb des Steuernetzes bleibt, wird Pakistan nicht in der Lage sein, genügend Steuereinnahmen zu erzielen, um seine Rechnungen zu bezahlen – von Wohlfahrt ganz zu schweigen.

Naturkatastrophen

Die Kosten für die verheerenden Überschwemmungen in diesem Jahr werden sich auf mehrere Milliarden US-Dollar im zweistelligen Bereich belaufen. Der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur wird mit eigenen Mitteln unmöglich sein. Miftah Ismail, der ein befristetes Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds in Höhe von 1,17 Milliarden US-Dollar ausgehandelt hatte, ist inzwischen zurückgetreten. Der neue Finanzminister Dar wird für die wirtschaftliche Misere Pakistans während der letzten Regierungszeit der Pakistan Muslim League (PML) verantwortlich und gilt als Kumpel der Sharif-Brüder. In der Zukunft sieht sich Pakistan weiteren gewaltigen Überschwemmungen gegenüber, die durch den Klimawandels immer schlimmer und häufiger werden.

Flut in Pakistan. Bild: Pixabay

Politisches Chaos

Pakistan ist ein korrupter Rentierstaat. Die Elite hängt von Einkommen ab, die sie aufgrund von Pakistans geostrategischer Lage in Form massiver Auslandshilfe erwartet. Dazu gehören Darlehen oder anderes sowie die Heimatüberweisungen pakistanischer Arbeiter/-innen am Golf. Die konsumorientierte Elite reinvestiert nicht in die pakistanische Wirtschaft und verringert so die sowieso schon geringe Fähigkeit Pakistans, Produkte mit hoher Wertschöpfung herzustellen und zu exportieren. 

Der ehemalige Premierminister Imran Khan erschwert die politische Situation, auch weil er täglich an Popularität zu gewinnen scheint. Die Chefs der pakistanischen Armee sind ein besonderes Ziel von Imran Khan. Dies wird die politischen Spannungen weiter verschärfen und Unruhen im Land wahrscheinlicher machen. Pakistan ist ein Land, das selbst in seinen besten Zeiten instabil gewesen ist. Jetzt wird es anscheinend ernst.

Aus dem Englischen Übersetzt und bearbeitet von Theodor Rathgeber

Zum Autor

Feisal Khan ist Mitglied der Wirtschaftsabteilung der Hobart and William Smith Colleges in New York.

Texthinweis

Der Originaltext erschien am 29. November 2022 auf der Nachrichtenplattform Asian Times unter dem Titel Pakistan Now a Bigger Basket Case Than Even Bangladesh.

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